
Besteht der Verdacht auf einen bösartigen Tumor im Kopf-Hals-Bereich, erfolgt die Vorstellung in unserer Ambulanz, entweder mittels Überweisung durch den HNO-Facharzt oder konsiliarisch durch andere Fachrichtungen. Als eine der größten HNO-Kliniken Deutschlands ist das Einzugsgebiet überregional und die Anzahl der täglich behandelten Tumore überdurchschnittlich.
In der Ambulanz erfolgt dann eine genaue Anamnese, Untersuchung und Planung der weiterführenden Diagnostik. Wenn der Verdacht auf einen bösartigen Tumor im Kopf-Hals-Bereich besteht, muss zunächst die genaue Ausdehnung erfasst und durch eine Probeentnahme die Diagnose gesichert werden. Dies geschieht während einer Untersuchung in Narkose, der Panendoskopie. Gleichzeitig erfolgen eine Bildgebung und ein Ausschluss von Absiedelungen, z. B. in die Lunge oder den Bauchraum.
Interdisziplinarität und Zertifizierung
Bei den malignen Tumoren im Kopf-Hals-Bereich, die sich durch eine besondere Vielfalt und Heterogenität im biologischen Verhalten auszeichnen, stellen die operativen Verfahren weiterhin den Hauptpfeiler der Behandlung dar. Ergänzt werden diese jedoch durch moderne Behandlungskonzepte wie ausdifferenzierte Chemo- und Bestrahlungstherapien. Dies macht eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen notwendig. Die Deutsche Krebsgesellschaft hat daher ein anspruchsvolles Zertifizierungsverfahren aufgelegt, das unser Kopf-Hals-Tumorzentrum am Klinikum Stuttgart erfolgreich durchlaufen hat und ein Gütesiegel für eine hohe interdisziplinäre Behandlungsqualität darstellt.
Erhaltung der Schluckfunktion hat hohe Priorität
Die Lebensqualität mit Erhaltung der Schluckfunktion und der Atmung ohne Luftröhrenschnitt hat neben der vollständigen Tumor-Entfernung oberste Priorität bei der Entscheidung über das Ausmaß einer Operation. Im Falle größerer Tumoren werden die bei der Operation entstehenden Defekte durch Transplantation von körpereigenem Gewebe rekonstruiert. Überwiegend werden hier so genannte mikrovaskulär reanastomosierte Transplantate, beispielsweise vom Unterarm, verwandt. Oder je nach Tumorlage und Größe erfolgt die Defektdeckung mittels einem gestielten myokutanem Transplantat von der Brust (Pectoralis-major-Lappen). Weitere aufwändige Rekonstruktionstechniken umfassen u.a. das Latissimus-dorsi- und das Jejunum-Transplantat. Diese großen rekonstruktiven Eingriffe werden an der Klinik in weit überdurchschnittlicher Zahl ausgeführt (siehe auch Videos).
Kehlkopfchirurgie
Bei bösartigen Tumoren des Kehlkopfes ist der Erhalt des Organs und seiner Funktion oberstes Ziel. Bei kleinen Tumoren erfolgt dies mittels Laserchirurgie (siehe auch Videos). Neben Techniken der Teilentfernung des Kehlkopfes werden verschiedene Rekonstruktionsverfahren angewandt. Hier sind vor allem laserchirurgische Kehlkopfteilresektionen mit zum Teil erneutem Stimmlippenaufbau zur besseren Stimmbildung durch Eigenfett zu erwähnen (siehe auch Videos).
Auch postoperativ gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Verbesserung der Stimmqualität. Bei größeren Tumoren erfolgt je nach Tumorlage und Ausdehnung eine Kehlkopfteilresektion (z.B. cricotrachele Resektion oder Kehlkopfteilresektion mit Annäherung des Ringknorpels ans Zungenbein (CHP)) zur Tumorentfernung und Erhalt der Kehlkopffunktion (siehe auch Videos).
Ist das Karzinom nur durch Entfernung des gesamten Kehlkopfes (Laryngektomie) vollständig resezierbar, kann durch Anlage eines Stimmshunts (Verbindung zwischen Luft- und Speiseröhre) mit Einsatz einer Stimmprothese die Stimmfunktion wiederhergestellt werden.
Der Operation schließt sich eine intensive logopädische Übungsbehandlung an. Die Patienten werden in der HNO-Klinik durch die Selbsthilfegruppe der Kehlkopflosen betreut. Bereits vor der Operation stellen wir die Patienten zur Beratung und Vorbereitung auf die neue Lebenssituation dort vor. Während der gesamten Behandlung erfolgt, wenn erforderlich, die Zusammenarbeit mit der Klinik für Kiefer- und Gesichtschirurgie, der Strahlenklinik oder der Onkologie.
Postoperative Betreuung
Nach durchgeführter Operation und abgeschlossener Wundheilung erfolgt erneut mit allen o.g. Fachrichtungen eine Reevaluation, ob eine weiterführende Therapie bestehend aus Bestrahlung und Chemotherapie sinnvoll ist. Ist die Therapie komplett abgeschlossen, erfolgt zumindest für die nächsten sechs Jahre eine Tumornachkontrolle durch unsere Ambulanz.
Pflege und Versorgung auch unheilbar Kranker
Als eine Klinik, die in großem Umfang Tumorchirurgie betreibt, ist es uns ein Anliegen, dass auch unheilbar Kranke ein Maximum an Fürsorge erhalten. Medizinisch steht dabei die Sicherung der Atemwege und des Schluckvermögens, eine sorgfältige Wundpflege und die Schmerzfreiheit im Mittelpunkt. Speziell qualifizierte pflegerische und ärztliche Fachkräfte betreuen diese Patienten gemeinsam mit einem multiprofessionellen, palliativmedizinischen Konsiliarteam. Unterstützt wird diese Arbeit durch den Förderverein "PALME e.V.".
Palliativeinheitmit zwei Betten
Mit der neuen Palliativeinheit stehen seit Jahresbeginn 2013 zwei Einzelzimmer für Patienten mit nicht mehr heilbaren Tumoren im Kopf-Hals-Bereich im weit fortgeschrittenen Stadium zur Verfügung. Dank der finanziellen Unterstützung von PALME e.V. mit weit über 60.000 Euro konnten in der HNO-Klinik am Standort Katharinenhospital die Zimmer so umgebaut werden, dass sie den speziellen pflegerischen und medizinischen Bedürfnissen der Patienten und deren Angehörigen gerecht werden. Neben dem Anschluss einer zentralen Sauerstoffversorgung und Absauganlagen wurden die Zimmer mit einer Anlage versehen, die die Raumluft in kurzer Zeit austauschen kann. Die Palliativzimmer sind wohnlich eingerichtet und bieten auch den Angehörigen Möglichkeit, den Patienten beizustehen.