Diabetischer Fuß / Charcot-Fuß
Die diabetisch-neuropathische Osteoarthropathie (DNOAP), auch als Charcot-Fuß bezeichnet, ist eine Folgeerkrankung eines langjährigen Diabetes mellitus. Es kommt dabei zur Zerstörung von Knochen und Gelenken im Fußbereich. Die Erkrankung entsteht im Rahmen einer durch den Diabetes verursachten Nervenschädigung (Polyneuropathie). Sie ist nach dem französischen Neurologen Jean-Martin Charcot benannt, der sie als erster beschrieb. Der Charcot-Fuß ist eine häufig übersehene Komplikation des Diabetes, die oftmals jüngere Patienten zwischen 40 und 60 Jahren betrifft. Patienten bemerken oft nichts von der Entwicklung. In einem frühen Stadium kann der betroffene Fuß gerötet und überwärmt sein, die Unterscheidung zu einer Infektion ist häufig schwer zu treffen. Die Patienten suchen häufig spät im Krankheitsprozess einen Arzt auf, da aufgrund der begleitenden Nervenbeteiligung die Gewebs- und Knochenveränderungen meist schmerzlos ablaufen. Die Erkrankungshäufigkeit liegt zwischen 0,18 Prozent der Gesamtzahl der Diabetes-Patienten und 13 Prozent in Hochrisikogruppen.
Ursachen des Charcot-Fußes
Wiederholte mechanische Traumata durch die Überlastung einer unempfindlichen Extremität führen zu Kapselschäden sowie instabilen Bändern und Gelenken. Der Verlust von schützenden sensorischen Informationen in Form von Schmerz durch die Neuropathie erlaubt die fortgesetzte Belastung einer bereits gebrochenen und ge - schädigten Extremität. Hinzu kommt eine Weitstellung von Gefäßen im Fuß durch die begleitende Nervendegeneration. Dies verursacht eine Störung der normalen regulatorischen Prozesse des Blutflusses, bedingt arteriovenöse Shunts (direkte Gefäßverbindungen zwischen kleinen Arterien und Venen) und eine Gefäßer - weiterung. Der erhöhte Blutfluss führt zu einem „Auswaschphänomen“ des Knochens. Der dadurch vermehrte Mineralverlust des Knochens erhöht die Anfälligkeit für kleine und größere Knochenbrüche und Einbrüche des Mittelfußgewölbes. Dieser Prozess ist vergleichbar mit dem einer Osteoporose.
Klinische Hinweise auf einen akuten CharcotFuß sind eine Neuropathie mit folgenden Fußveränderungen:
- Rötung
- Überwärmung
- Schwellung
- Schmerzen (häufig jedoch schmerzlos!)
- Differenz der Hauttemperatur ≥ 2°C
- Fußdeformitäten (meist erst nach Wochen bis Monaten)
- Positives MRT-Knochenmarksignal in der Akutphasediagnostik des Charcot-Fußes
Bei einem Großteil der Patienten wird die Erkrankung primär leider immer noch nicht richtig diagnostiziert, so dass die therapeutisch eminent wichtige Ruhigstellung des Fußes und Beines (Immobilisation) verschleppt und damit Fußschädigungen Vorschub geleistet wird. Neben den klinischen Zeichen ist die Bildgebung für die Diagnosestellung mit entscheidend. Hier sind Röntgenbild und MRT stets erforderlich. Alternativ kann auch eine Knochenszintigraphie erwogen werden.
Therapie des Charcot-Fußes
Nach Diagnose des akuten Charcot-Fußes ist die unmittelbare und konsequente Ruhigstellung unumgänglich. Hinzu kommt die Schulung des Patienten und des familiären Umfeldes, das entsprechende Krankheitsempfinden zu stärken, da aufgrund des fehlenden Schmerzes das Krankheitsgefühl oft wenig aufgeprägt ist. Für die Ruhigstellung ist ein Total-Contact-Cast („Unterschenkelkunststoff-Gips“) bzw. eine konfektionierte Orthese erforderlich, um eine ausreichende Druckentlastung und Fixierung der knöchernen Fußarchitektur zu erreichen. Normalerweise ist dies für acht bis zwölf Wochen notwendig, mit einer gesamten Therapiedauer von vier bis sechs Monaten. Die Gabe von Medikamenten kann unter Umständen die Remineralisierung des Fußes mit unterstützen. In der Akutphase ist ein chirurgischer Eingriff nicht erforderlich, dies ist dann später für Umstellungsosteotomien sowie rekonstruktive Eingriffe angezeigt. In der Regel sind dies komplexe orthopädische Eingriffe. In Abhängigkeit von der Therapietreue des Patienten kann eine Abheilung und Rekonstruktion des Fußes erreicht werden, wobei schon bestehende schwere Deformierungen unter Umständen nicht mehr vollständig rückgängig gemacht werden können. In der Nachsorge ist in der Regel ein extra weiter orthopädischer Maßschuh mit individuell gefertigten Einlagen notwendig, wobei der Schuh als Stiefel gearbeitet werden muss, um eine notwendige Stabilisierung im Knöchelbereich zu gewährleisten. Am Klinikum Stuttgart ist ein interdisziplinäres Zentrum zur Behandlung des diabetischen Fußes etabliert und durch die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) zertifiziert. Auch ist die Struktur als Gefäßzentrum anerkannt. Für die Besonderheit des Charcot-Fußes verfügt das Zentrum am Krankenhaus Bad Cannstatt über eine besondere Expertise und eine enge Kooperation von Orthopädie, Diabetologie und Radiologie. Dies gewährleistet eine zügige und stadiengerechte Diagnostik sowie exzellente konservative und operative Therapie, der eine qualifizierte Nachsorge angeschlossen ist.