Zentrum für Gastrointestinale Tumoren

Primäre bösartige Lebertumore

3D-Ansicht Lage der Leber

Zu den häufigsten primären bösartigen Lebertumoren gehört das hepatozelluläre Karzinom (HCC), das vom Lebergewebe selbst ausgeht, sowie das cholangiozelluläre Karzinom (CCC), das seinen Ursprung in den in der Leber liegenden Gallenwegen hat. Seltene bösartige Lebertumore sind Weichteiltumore, ausgehend vom Bindegewebe oder von Blutgefäßen (Sarkome, Hämangiosarkome), oder embryonale Tumore (Hepatoblastome).

In Deutschland ist das HCC eine relativ seltene Erkrankung mit ca. 7.500 Neuerkrankungen pro Jahr, jedoch mit steigender Tendenz. Weltweit jedoch ist das HCC mit einer Million Neuerkrankungen pro Jahr der fünfthäufigste Tumor, wobei die Menschen in einigen Ländern Südostasiens und Afrikas besonders stark betroffen sind (bis zu 150 von 100.000 Einwohner). Ursächlich liegt bei den meisten Patienten eine Hepatitis-B- oder C-Infektion oder eine durch Alkohol verursachte Leberzirrhose zu Grunde. Selten entstehen diese Tumore jedoch auch ohne diese Risikofaktoren. Zu den Gallengangskarzinomen (CCC) siehe "Tumore der Gallenwege".

Diagnostik
Die Diagnostik der HCC basiert einerseits auf der Bestimmung des sogenannten Alphafetoproteins (AFP), das jedoch lediglich bei 70 Prozent der Patienten positiv ist. Andererseits sind für die Diagnose des HCC bildgebende Verfahren von entscheidender Bedeutung. Hierzu stehen die Sonographie, die kontrastmittelunterstütze Sonographie, die Kernspintomographie (MRT) sowie die Computertomographie (CT) und die Gefäßdarstellung der Leber (Angiographie) zur Verfügung. Häufig bedarf es bei den meist knotig veränderten Organen im Rahmen der Grunderkrankung mehrerer bildgebender Verfahren, um die Diagnose zu sichern.

Bei weiterhin zweifelhaften Befunden erfolgt eine sonographisch oder CT-gesteuerte Punktion zur Gewinnung einer Gewebeprobe und feingeweblichen Aufarbeitung. Anschließend erfolgt eine genaue Stadieneinteilung (BCLC-Klassifikation). Unter Berücksichtigung der Funktionsfähigkeit der Leber wird anschließend ein Behandlungskonzept über unsere einmal wöchentlich stattfindende Leberkonferenz erarbeitet.

Therapie
Frühe Tumorstadien lassen sich, eine gute Leberfunktion vorausgesetzt, durch eine Teilentfernung der Leber operativ sanieren. In der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Katharinenhospitals zählen Leberresektionen zu den Standardeingriffen. Je nach Lage und Größe der Lebertumoren erfolgen kleinere Segment- oder Keilresektionen, die vollständige Entfernung einer Leberhälfte, d.h. eines Leberlappens (Hemihepatektomie) oder auch erweiterte Leberteilresektionen. Die Leber verfügt als einziges menschliches Organ über die Fähigkeit zur Gewebeerneuerung (Regeneration). Das bedeutet, dass der unverletzte bzw. der nach einer Operation verbliebene Leberanteil in der Regel bereits nach sechs Monaten wieder die ursprüngliche Organgröße erreicht hat. Die Entfernung von bis zu 80 Prozent der Lebermasse ist daher möglich. Voraussetzung ist in derartigen Fällen eine völlig gesunde und leistungsfähige Restleber.

Nach einer ausgedehnten Leberteilentfernung ist es von elementarer Bedeutung, dass noch genügend gesundes Lebergewebe im Körper verbleibt, um eine ausreichende Organfunktion unmittelbar nach dem Eingriff zu gewährleisten. Die Entscheidung, wie viel Lebergewebe im Einzelfall entfernt werden muss und kann, erfordert eine präzise Diagnostik vor dem Eingriff und sehr viel Erfahrung des Operateurs.

Nicht alle Lebertumore können durch eine Operation entfernt werden. Die Möglichkeiten der Chirurgie sind oft durch die Größe oder Lage der Tumoren, durch eine kritische präoperative Leberfunktion oder durch den Allgemeinzustand des Patienten limitiert. Je nach Ausbreitungsmuster und funktioneller Reserve der Leber werden Patienten deshalb durch die Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Katharinenhospital mittels sogenannter lokal ablativer Behandlungsmethoden wie der transarteriellen Chemoembolisation (TACE) oder der Radiofrequenzablation (RFA) behandelt. Im Falle der TACE wird mit Hilfe eines Katheters, der über die Leistenschlagader eingeführt wird, durch lokale Spülung der Leber mit Chemotherapeutika sowie Verschluss von Tumorgefäßen eine Tumorkontrolle erreicht. Die RFA bewirkt durch Hitzeeinwirkung über spezielle Nadelelektroden ein "Verkochen" der Tumorzellen und Navigation mittels Computertomographie. Diese Verfahren werden auch als "Überbrückungsverfahren" für Patienten auf der Warteliste zur Transplantation eingesetzt.

In der Klinik für Onkologie stehen zudem systemische Chemotherapien, mit z.B. Sorafenib (Nexavar®), zur Verfügung.

Für fortgeschrittenere Stadien werden zudem alle Patienten hinsichtlich einer potentiellen Lebertransplantation evaluiert. Dabei spielt die Zahl und Verteilung der HCC-Herde sowie der Bezug zu Gefäßstrukturen (Pfortader) eine entscheidende Rolle (sogenannte Milan-Kriterien). Bei entsprechender Indikation werden die Patienten an das nächstliegende Transplantationszentrum der Universitätsklinik Tübingen überwiesen.