Stuttgarter Genesungsgeschichten

Auch in hohem Alter schmerzfrei und mobil

Gerda S. streichelt eine Ziege

Mit einer Teilprothese war bei Gerda S. vor knapp fünf Jahren eine Arthrose im rechten Knie behandelt worden. Nun stand bei der inzwischen 87-Jährigen eine Wechseloperation an. Nach der Operation in der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie im Katharinenhospital ist sie wieder schmerzfrei und mobil.

Irgendwann in diesem Jahr war für Gerda S. die Grenze des Erträglichen erreicht. Starke Schmerzen im rechten Knie machten ihr wieder zu schaffen, schränkten die Bewegungsfreiheit der eigentlich sehr rüstigen Rentnerin immer mehr ein. 2011 war eine auf die Knieinnenseite beschränkte Arthrose mit einer Schlittenprothese versorgt worden. Offenbar war die Arthrose nun aber weiter fortgeschritten, so dass die Knie-Teilprothese nicht mehr ausreichte.

Seit vielen Jahren verbringt Gerda S. die Sommermonate in ihrem Wohnwagen in Oberbayern. „In diesem Jahr war das nicht mehr möglich, die Wege zum Waschen und Duschen oder zur Toilette auf dem Campingplatz waren einfach zu weit“, erzählt sie. Und auch in ihrer Wohnung in Stuttgart-Freiberg, in der sie allein lebt und bislang gut zurecht gekommen war, wurde es immer schwieriger. Hinzu kam, dass für Gerda S. auch die meisten Schmerzmedikamente tabu sind: 2008 hatte sie nach drei Jahren regelmäßiger Dialyse eine Spenderniere erhalten. Als Nierentransplantierte darf sie eine ganze Reihe von Medikamenten nicht nehmen. „Wir haben es dann zunächst mit Bestrahlungen versucht“, berichtet Tochter Sabine S. von alternativen Behandlungen, die aber nur kurzzeitige Linderung verschafften. Schließlich riet der niedergelassene Orthopäde, der die Rentnerin behandelt, zu einer erneuten Knieoperation. Da sie ihre Spenderniere im Transplantationszentrum des Katharinenhospitals erhalten hatte, fiel die Wahl für die erneute Knie-OP auch auf die Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie im Katharinenhospital. „Innerhalb einer Woche hatte meine Mutter einen Termin in der Kniesprechstunde der Klinik und drei Wochen danach stand bereits die Operation auf dem Plan“, berichtet die Tochter, die aus ihrer Umgebung deutlich längere Wartezeiten für eine Gelenkoperation kennt. „Das ging erfreulich schnell.“ 

Prothesenbaukasten
Gerda S. nach der Operation
Gerda S. in Bad Reichenhall

In der speziellen Kniesprechstunde der Klinik untersuchte Oberarzt Dr. Robert Habelt die 87-Jährige. „Die Arthrose im rechten Knie war deutlich weiter fortgeschritten und auch die Bänder waren in Mitleidenschaft gezogen, so dass sich eine X-Fehlstellung der Beinachsen entwickelt hatte. Außerdem hatte sich der femorale Anteil der Prothese, also der am Oberschenkel, gelockert“, diagnostizierte der Sektionsleiter für Kniechirurgie und riet dazu die Teilprothese zu wechseln und durch eine Vollprothese zu ersetzen. Die bereits 2009 im Katharinenhospital implantierte Vollprothese im linken Knie dagegen funktionierte nach wie vor problemlos. „Wir gehen bei Knie-Endoprothesen heute von einer Haltbarkeit zwischen 15 und 20 Jahren aus“, so Dr. Habelt, der die Patientin auch selbst operierte: „Wir legen Wert darauf, dass unsere Patienten von der Kniesprechstunde über die Operation bis zur Nachsorge einen Ansprechpartner haben.“ Das kommt auch bei den Patienten an: „Wir haben zu Dr. Habelt gleich Vertrauen gehabt“, erzählen Mutter und Tochter.

Für die Wechseloperation wählte Oberarzt Dr. Habelt einen modularen Prothesentyp aus: „Das ist zwar logistisch aufwändiger, weil für die Operation eine ganze Reihe unterschiedlicher Teile zur Auswahl geliefert werden. Das modulare System erlaubt uns aber, anhand des konkreten Befundes etwa Knochendefekte auszugleichen oder auch eine optimale Seitenbandführung sicherzustellen.“ Selbstverständlich wird auch hier die Operation zunächst am Computer anhand der Röntgenaufnahmen geplant „Mit dem modularen Endoprothesensystem haben wir dann aber während der Operation alle Möglichkeiten für ein differenziertes Feintuning.“ Und das kommt der Stabilität und Dauerhaltbarkeit der Knieprothese zugute. „Trotz der vergleichsweise großen Operation für den Prothesenwechsel ist die neue Prothese sofort belastungsstabil.“ Und so konnte die Patientin bereits einen Tag nach der Operation die ersten Schritte in ihrem Zimmer machen.

Zuvor gab es jedoch noch einige Aufregung für Gerda S. und ihre Tochter: Der Kreislauf der Seniorin rauschte nach der Operation in den Keller und sie wurde zur Überwachung und Sicherheit auf unsere IMC Station (Zwischenintensivstation) verlegt. Sofort zogen die Stationsärzte, die die Patientin betreuten, einen Nephrologen aus der Klinik für Nieren-, Hochdruck- und Autoimmunerkrankungen sowie einen Urologen aus der Klinik für Urologie und Transplantationschirurgie hinzu. Nach einer Nacht war dann alles wieder im Lot und sie konnte wieder ihr Zimmer auf der Station B5 der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie beziehen. „Das Netzwerk hier im Katharinenhospital hat gut funktioniert“, bestätigt dann auch Tochter Sabine. Die Spezialisten der unterschiedlichen Fachgebiete sind im Haus präsent und stehen bei Patienten mit Begleiterkrankungen schnell zur Verfügung. „So können wir mögliche Risiken abfangen“, hebt auch Oberarzt Dr. Habelt die gute interdisziplinäre Zusammenarbeit im Katharinenhospital hervor.

Inzwischen waren auch die Physiotherapeuten mehrmals bei Gerda S. und haben mit der Mobilisierung begonnen. „Der Heilungsverlauf ist sehr gut und für das Alter der Patientin erfreulich“, berichtet Dr. Habelt. „Wenige Tage nach der Operation konnte Sie das Knie bereits im 100 Grad-Winkel beugen.“

Acht Tage nach der Operation geht es direkt in die Reha. „Ich bin wieder in der Klinik Sonnenhof in Waldachtal-Lützenhardt bei Freundenstadt. Die kenne ich schon von meinen beiden Knieoperationen zuvor“, erzählt Gerda S. „Die kennen sich auch mit transplantierten Patienten aus.“ Dass sie da wieder vollends auf die Beine kommt, da hat sie keine Sorgen. Klar ist auch, dass sie den nächsten Sommer wieder in ihrem Wohnwagen in Oberbayern verbringen wird. Ihr ganzes Leben war sie mit Mann und Kind im Urlaub immer in Zelt und Wohnwagen vor allem in Italien unterwegs. „Meine Mutter ist eine leidenschaftliche Camperin“, sagt die Tochter. In den 1960er Jahren haben sie dann den Platz in Bayern entdeckt, wo der Wohnwagen nun seit einigen Jahren fest steht. „Mit vielen Bekannten treffe ich mich seit Jahrzehnten dort.“ Und auch in ihrer Wohnung wird sie wieder problemlos allein leben, einkaufen und selbst kochen. „Meine Mutter ist 98 Jahre alt geworden, ich war 2008 mit 78 Jahren die bis dahin älteste, der eine Niere transplantiert wurde“, berichtet Gerda S. Da hat die rüstige Seniorin sicher noch einige Jahre Gelegenheit, sich mit ihrem neuen Knie schmerzfrei zu bewegen.