Zwei Experten aus dem Klinikum Stuttgart haben heute den DAK-Gesundheitsreport 2019 zu „Sucht und Abhängigkeit“ kommentiert. Prof. Dr. Dr. Martin Bürgy, M.Sc., ist Ärztlicher Leiter des Zentrums für Seelische Gesundheit und Ärztlicher Direktor der Klinik für Suchtmedizin und Abhängiges Verhalten. Dr. med. Maurice Cabanis, ist Leitender Oberarzt des Zentrums für Seelische Gesundheit und der Klinik für Suchtmedizin und Abhängiges Verhalten.
Prof. Bürgy: „Es ist ein wichtiges Signal, dass erstmals der Schwerpunkt des DAK-Gesundheitsreports auf Sucht und Abhängigkeit liegt. Das Thema ist volkswirtschaftlich und gesundheitspolitisch hochrelevant. Psychische Störungen und Suchtverhalten gehen häufig mit körperlichen Erkrankungen einher. Folgen sind verringerte Lebenserwartung und Einschränkungen der Lebensqualität.“
Dr. Cabanis: „Psychische Störungen und Suchterkrankungen haben neben einer hohen Anzahl von Krankheitstagen vor allem großen Einfluss auf längere Ausfallzeiten im Beruf bis hin zur Frühberentung. Das bedeutet häufig den vorzeitigen Verlust des Arbeitsplatzes für Betroffene und damit von qualifizierten Arbeitskräften, insbesondere Fachkräften.“
Prof. Bürgy: „Bei der Erfassung von Störungen durch psychotrope Substanzen ist es besonders wichtig, Hochrisikogruppen für Abhängigkeiten frühzeitig zu identifizieren und gezielte Interventionsstrategien zu entwickeln. Dies gilt v.a. für junge Konsumenten, die derzeit von Therapieprogrammen noch zu selten erreicht werden.“
Dr. Cabanis: „Die Verbesserung des Behandlungsangebotes mit innovativen Methoden im direkten Arbeitsumfeld ist der erfolgversprechendste Weg, Betroffenen zu helfen.“
Angebote des Klinikums Stuttgart für den Bereich Sucht am Arbeitsplatz
- Präventions- und Vortragsangebote für Unternehmen durch die Suchtberatungsstelle des Klinikums Stuttgart
- In Absprache mit Betriebsärzten und Arbeitgebern zeitnahe Aufnahme zur stationären und ganztägig ambulanten Entgiftungs- und Motivationsbehandlung
- Die Möglichkeit einer berufsbegleitenden ambulanten Langzeittherapie
- Berufsbegleitende Suchtberatung und psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung in der Suchtmedizinischen Ambulanz des Klinikums Stuttgart
Zukunftsperspektive zur Optimierung von Therapieangeboten:
Angebot und Behandlungsziele sollen sich an den Bedürfnissen, Zielen und vorhandenen Ressourcen der Betroffenen orientieren und zu einem flexibleren Umgang mit der individuellen Situation der Betroffenen führen.
Das Klinikum Stuttgart hat deshalb folgende Schritte in Planung:
Schaffung eines regionalen Kompetenzzentrums zur verbesserten Koordination der einzelnen Kooperationspartner und deren vielfältigen Angeboten:
- Einführung einer standardisierten, patientenzentrierten, multidimensionalen Diagnostik.
- Einführung einer zentralen Koordinationsstelle (Nahtstellenmanagement).
- Aufbau eines einheitlichen Dokumentations- und Kommunikationssystems zwischen den Kooperationspartnern (unter Berücksichtigung notwendiger Datenschutzgesetze, -richtlinien).
- Etablierung von Setting übergreifender Behandlungskontinuität. Zuweisung/Behandlungsallokation von Betroffenen zu spezifischen Behandlungsintensitäten (Levels of Care) nach dem Stepped Care Ansatz.
Transformation der in stationäre, teilstationäre und ambulante Einheiten gegliederten Abteilung in eine Gesamtklinik für Suchtmedizin. Damit verbunden: - Aufteilung der Klinik in Behandlungsbereiche (Akutbehandlung, Entgiftung, Motivation, Komorbidität, Rehabilitation) mit der Möglichkeit einer flexiblen Ausrichtung der Bereiche auf sich ändernde Bedarfe.
Einführung eines Pools an interdisziplinären Einzel- und Gruppentherapieangeboten für alle Patient*innen der suchtmedizinischen Klinik. - Ausweitung des psychotherapeutischen Angebots mit besonderer Berücksichtigung der Trauma- und Depressionsbehandlung.
Dafür bedarf es der Unterstützung bei der Entwicklung und Finanzierung von innovativen Behandlungsmodulen einschließlich web- und app-basierter Angebote sowie flexibler Finanzierungsmodelle in enger Zusammenarbeit mit den Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern.
Klinikum Stuttgart - Klinik für Suchtmedizin und Abhängiges Verhalten
Mit dem Standort Bad Cannstatt und dem Standort Mitte bietet die Klinik für Suchtmedizin und Abhängiges Verhalten ein in Deutschland herausragendes, umfassendes Behandlungsanagebot, das von der Suchtberatungsstelle und Suchtambulanz über das stationäre und teilstationäre Angebot bis hin zur stationären und ambulanten Rehabilitation reicht. Die Klinik verfügt dabei über ein hochspezialisiertes und umfassendes Behandlungsspektrum für Menschen mit Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten oder illegalen Substanzen, für Menschen mit substanzungebundenem abhängigem Verhalten sowie für Menschen, die neben der Abhängigkeit an psychiatrischen Komorbiditäten (sog. Doppeldiagnosen) leiden.
Klinikum Stuttgart
Das Klinikum Stuttgart gilt als größtes Haus der Maximalversorgung in Baden-Württemberg. Es umfasst das Katharinenhospital, das Krankenhaus Bad Cannstatt und Deutschlands größte Kinderklinik, das Olgahospital. 7.000 Mitarbeiter, darunter 2.700 Pflegekräfte und 1.000 Ärztinnen und Ärzte, versorgen jährlich rund 90.000 Patienten stationär und 500.000 ambulant. Über 3.500 Geburten und mehr als 50.000 Operationen werden jedes Jahr im Klinikum Stuttgart betreut. Das Zentrum für Seelische Gesundheit des Klinikums am Standort Bad Cannstatt ist überregional bedeutend und hält umfassende klinische Expertise vom Institut für medizinische Psychologie über Psychosomatik, Psychiatrie bis hin zur Suchtmedizin vor.