Training für Notfallmediziner

Üben für die Patientensicherheit

Trainingsraum für Teams
Im Stuttgarter Pädiatrie Simulator (STUPS) können Ärzte kritische Situationen sehr realistisch an Puppen unterschiedlicher Größe üben

Damit bei akuten Notfällen Ärzte und Pflegekräfte sofort richtig reagieren, trainieren die Teams der Interdisziplinären Notaufnahme im Katharinenhospital regelmäßig die Zusammenarbeit in kritischen Situationen.

In der Interdisziplinären Notaufnahme (INA) herrscht Hochbetrieb – wie eigentlich fast jeden Abend. Viele Patienten kommen selbst oder werden mit einem akuten gesundheitlichen Problem von Angehörigen gebracht. Andere werden vom Krankenwagen oder gar dem Notarzt mit Blaulicht ins Katharinenhospital transportiert. Für das interdisziplinäre Team aus Ärzten und Pflegekräften, die heute Dienst haben, ist das Routine. Dann aber verschlechtert sich der Gesundheitszustand eines Patienten dramatisch. Jetzt muss alles sehr schnell gehen. Zwei Ärzte und zwei Pflegekräfte kümmern sich um den Patienten, Anweisungen fliegen hin und her, der Patient wird intubiert und beatmet, über einen rasch gelegten venösen Zugang werden Medikamente gespritzt und eine Infusion angehängt. Nach gut zehn Minuten ist die kritische Situation überwunden, der Gesundheitszustand des Patienten soweit stabilisiert, dass er zur weiteren Diagnostik und Therapie aus der INA auf eine Station im Katharinenhospital verlegt werden kann.

„Im Schnitt haben wir alle zwei Tage in der INA einen akuten Notfall, bei dem es nicht selten für den Patienten um Leben und Tod geht“, berichtet Professor Dr. Tobias Schilling, Ärztlicher Direktor der Interdisziplinären Notaufnahme im Katharinenhospital. „Die Mitarbeiter müssen dann sofort von Routine auf Notfall umschalten und dabei auch noch alles richtig machen.“ Das nötige medizinische Fachwissen dazu haben die Ärzte und Pflegekräfte. Um Patienten in einem akuten Notfall sicher zu versorgen, reicht das aber nicht aus. „Wichtig ist auch, das Wissen in kritischen Situationen im Team erfolgreich umsetzen zu können“, sagt Professor Schilling. „Vor allem das Management von Zwischenfällen und Notfällen stellt höchste Anforderungen an medizinische Behandlungsteams“, erklärte der Klinische Direktor des Klinikums Stuttgart, Professor Dr. Jürgen Graf. „Moderne Patientensimulatoren bieten die Möglichkeit, klinisch relevante Notfallsituationen quasi-realistisch nachzustellen und so das Notfallmanagement zu üben."

Gefahrloses Notfall-Training am Simulator

Regelmäßig trainieren Ärzte und Pflegekräfte, die in der INA arbeiten, deshalb im Team diese kritischen Situationen. Seit fünf Jahren steht dazu im Klinikum Stuttgart der Stuttgarter Pädiatrie Simulator (STUPS) zur Verfügung, mit dem kritische Situationen sehr realistisch an Puppen unterschiedlicher Größe geübt werden können. Zunächst wurde STUPS in der Pädiatrie im Olgahospital eingesetzt. Seit diesem Jahr werden nun auch die INA-Mitarbeiter mit dem Simulator geschult. „In anderen Hochrisikobereichen, wie Atomkraftwerken oder der Luftfahrt, gibt es Simulationstrainings ja schon länger“, sagt Professor Schilling. Piloten üben beispielsweise regelmäßig das richtige Verhalten bei einem Triebwerksausfall, auch wenn sie das Gelernte vielleicht niemals in der Realität anwenden müssen. „Auch in der Medizin trägt regelmäßiges Training am Simulator dazu bei, im Ernstfall sicher und routiniert zu helfen.“

Ein bis zwei Ärzte und zwei Pflegekräfte finden sich jeweils zu Teams für das Training zusammen. Von außen steuern die STUPS-Trainer die Puppe und simulieren einen Notfall. Das Verhalten und die Zusammenarbeit des Teams werden mit Kameras aufgezeichnet. „Nach zehn Sekunden haben die  Beteiligten vergessen, dass sie nur an einer Puppe üben“, berichtet Professor Schilling. Anschließend werden die Ergebnisse  besprochen. Dabei zeigt sich immer wieder, wie wichtig der menschliche Faktor ist. Denn oft entstehen Fehler, weil die Beteiligten unter Stress nicht richtig reagieren oder die Kommunikation im Team nicht funktioniert. Vermittelt werden in den Trainings deshalb vor allem auch Grundsätze des sogenannten Crisis Resource Managements. Der Aufwand für die Schulungen ist hoch. Neben der technischen Ausstattung des STUPS-Systems müssen viele Arbeitsstunden investiert werden. Auch die Organisation der Trainings ist aufwändig, damit alle Mitarbeiter an den Trainings teilnehmen können. „Für die Patientensicherheit aber sind die Trainings gerade in der Notaufnahme ein Gewinn“, ist auch der Klinische Direktor Professor Graf überzeugt. „Gerade in einem Haus der medizinischen Maximalversorgung wie dem Klinikum Stuttgart müssen die Patienten sicher sein können, professionelle medizinische Hilfe auch in Notfallsituationen zu erhalten.“

Aus: Klinikum live, Ausgabe 3|2014