Chronische Pankreatitis

Chirurgische Therapie

Prinzipiell werden drainierende und resezierende Verfahren unterschieden. Die drainierenden Verfahren bieten den theoretischen Vorteil des Parenchymerhaltes und sind deshalb im Einzelfall bei wenigen klar definierten Indikationen und den oben genannten Einschränkungen den resezierenden Verfahren vorzuziehen. Ein Verzicht auf eine klare Indikationsstellung führt aber bei der Behandlung der chronischen Pankreatitis vor allem im Langzeitverauf zu unbefriedigenden Ergebnissen.

Die operative Therapie chronischer Bauchspeicheldrüsenentzündungen ist auf Grund der Vielfalt der Symptome und organischen Veränderungen durch die Erkrankung außerordentlich komplex und vielschichtig. Letztendlich ist es wesentlich, dass das chirurgische Team die Komplexität der Erkrankung erfasst und individuell für jeden einzelnen Patienten die für ihn richtige operativ chirurgische Strategie festlegen kann. Dazu ist es notwendig, dass die gesamte Bandbreite der möglicherweise erforderlichen Eingriffe sicher beherrscht und angewendet werden kann.

Drainierende Verfahren

Mittels ERCP und NMR-Cholangio-Pancreaticografie lassen sich je nach Weite des Ductus Wirsungianus zwei unerschiedliche Formen der chronischen Pankreatitis identifizieren: die „Large Duct“-Form mit einem Gangdurchmesser von mehr als 7 mm und die „Small Duct“-Form mit einem nicht vergrößerten Gangdurchmesser von 4 bis 7 mm.

Diese Unterscheidung ist insofern von klinischer Bedeutung, da sie zumindest theoretisch einen gewissen Einfluss auf erfolgsgerechte Therapien hat.

Bei der „Small Duct“-Form kommen drainierende Operationstechniken prinzipiell nicht in Betracht. Bei dieser Form ist das gesamte Organ in den Prozess von Fibrosierung und Vernarbung einbezogen, ohne dass dabei ein wesentliches Abflusshindernis mit konsekutiver Gangdilatation vorhanden wäre.

Im Gegensatz dazu ist bei der „Large Duct“-Form der Abfluss des Pankreassaftes durch eine Verengung des Bauchspeicheldrüsenganges in seinem Verlauf durch den Pankreaskopf gestört. Bei dieser Form der chronischen Pankreatitis ist es durchaus denkbar, dass ein erhöhter intraductaler Druck mit ursächlich für die Entstehung des Schmerzes ist. Unter diesem Gesichtspunkt werden bei der „Large duct“-Form auch drainierende Verfahren wie die longitudinale Pancreatico-jejunostomie propagiert, die unter maximalen Gewebserhalt technisch einfach durchzuführen und, mit einer geringen Komplikationsrate vergesellschaftet, eine optimale Drainage des gesamten Gangsystems von Corpus und Schwanz erlauben.

Erstaunlicherweise führt diese Operation lediglich bei etwa der Hälfte der Patienten zu einer zufriedenstellenden Besserung der abdominalen Schmerzsymptomatik. Somit wird klar, dass die Erweiterung der Drüsengänge zwar Ausdruck von Sekretstau mit hohem Druck im Gangsystem ist, eine Beseitigung der Abflussstörung aber wohl nur einen Teil eines therapeutischen Konzeptes darstellt und dem Pankreaskopfparenchym eine besondere Rolle in der Genese des Schmerzsyndroms zukommt. Abgesehen davon, dass über eine Längsinzision der Bauchspeicheldrüse eine ausreichende chirurgische Drainage dieser chronisch entzündlich veränderten Gewebsmasse offensichtlich nicht möglich ist, sind vor allem im Pankreaskopf nicht umkehrbare neuroinflammatorische Veränderungen nachweisbar, die ihrerseits das chronische Schmerzsyndrom unterhalten.

Resezierende Verfahren

Partielle Pankreatikoduodenektomie

Über Jahre hinweg stellte die Kausch-Whipple`sche Operation die chirurgische Standardtherapie bei chronischer Bauchspeicheldrüsenentzündung und kompliziertem Verlauf dar. Während diese Operation insbesondere an spezialisierten Zentren zwischenzeitlich mit sehr niedriger Morbiditäts- und Mortalitätsrate durchgeführt werden kann, ist sie bei chronischer Pankreatitis sicher nur noch in Einzelfällen indiziert. Durch die komplette Entfernung des Bauchspeicheldrüsenkopfes wird zwar das Ziel der Schmerzfreiheit weitestgehend erreicht, der Verlust von Duodenum und Pylorus ist aber mit einer beträchtlichen Morbidität und nicht zu vernachlässigenden Einschränkung der Lebensqualität der Patienten verbunden.

Eine Alternative zur klassischen Kausch-Whipple`schen Operation stellt die pyloruserhaltende Variante dar. Der Erhalt des funktionell bedeutsamen Magenpförtners und eines Teils des Duodenums verringert durch die bewahrte kontrollierte Magenentleerung die Gefahr von Dumping und gastralem Gallereflux mit konsekutiver Gastritis. Tatsächlich schneidet die pyloruserhaltende Variante im Vergleich von Morbidität und Lebensqualität besser ab, obgleich Magenentleerungsstörungen den Verlauf komplizieren können. Etwa 90 Prozent der Patienten nehmen an Gewicht zu, und 85 bis 95 Prozent können mit einer deutlichen Verringerung der Schmerzsymptomatik rechnen. Beiden Verfahren gemeinsam ist aber die Tatsache, dass bedingt durch den großen Parenchymverlust etwa 45 Prozent der Patienten postoperativ Diabetiker sind, was deren Morbidität zusätzlich erhöht. Trotz der an sich guten Ergebnisse bezüglich der Schmerzreduktion ist das Organopfer bei diesen ursprünglich für die Behandlung von Malignomen konzipierten Operationen zu hoch. Abgesehen von Einzelfällen, bei denen die Dignität eines Pankreaskopftumors (Frage der Gut- oder Bösartigkeit) nicht sicher differenziert werden kann, ist es beim Vorhandensein entsprechender Alternativen nicht gerechtfertigt der Behandlung dieser gutartigen Erkrankung Duodenum, Gallenblase, einen Teil des Magens und die extrahepatischen Gallenwege zu opfern. 

Bevor CT und ERCP als diagnostische Mittel zur Identifizierung eines vergrößerten Pankreaskopfes zur Verfügung standen, stellte die Pankreaslinksresektion ein Standardverfahren zur Behandlung der chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung mit dilatiertem Ductus Wirsungianus dar. Die Ergebnisse bezüglich der Schmerzreduzierung waren jedoch schlecht. Lediglich etwa 55 Prozent der Patienten können mit einer zufriedenstellenden Reduzierung der Schmerzen rechnen; auf Grund der hohen Dichte von Langerhanns`schen Inseln im Pankreasschwanz kommt es darüber hinaus häufig zu einer endokrinen Insuffizienz. Interessanterweise ist die Verringerung der Schmerzen auch dann nicht zuverlässig zu erreichen, wenn sich die Erkrankung mittels CT oder ERCP nachgewiesenermaßen auf den Schwanz der Bauchspeicheldrüse beschränkt. Diese Beobachtung unterstreicht erneut die wesentliche Rolle des Pankreaskopfes in der Entstehung des Schmerzsyndroms und verdeutlicht, dass die Pankreaslinksresektion sinnvoll lediglich zur Behandlung isolierter Zysten des Schwanzes zur Anwendung kommen sollte, wenn die Schmerzsymptomatik keine wesentliche Rolle spielt.


Die Technik der „Duodenum-erhaltenden Pankreaskopfresektion“

1972 wurde von H.G. Beger die Technik der „Duodenum-erhaltenden Pankreaskopfresektion“ zur Behandlung der chronischen Pankreatitis erstmals beschrieben. Noch bevor durch entsprechende Bildgebung und Studien die Bedeutung des Pankreaskopfes für das Fortschreiten der Erkrankung und die Entwicklung des chronischen Schmerzsyndromes nachgewiesen werden konnte, war hier eine Technik erdacht worden, mit der der entzündliche Tumor des Pankreaskopfes als Schrittmacher der Erkrankung ohne weiteres Organopfer selektiv entfernt werden konnte. Die Konsequenz aus Erhalt der Nahrungspassage durch Magen und Duodenum ist eine physiologische Regulation von Verdauung und Glucosestoffwechsel. Durch den Erhalt inselreicher Anteile im distalen Anteil der Drüse ist der Anteil der postoperativen Diabetiker im Vergleich zu den anderen resezierenden Verfahren deutlich geringer. Die Beschränkung der Resektion auf den entzündlichen Kopftumor führt zu einer geringeren postoperativen Morbidität der Patienten, wobei dieser Eingriff an entsprechenden Zentren mit einer minimalen Mortalität durchgeführt werden kann. In verschiedenen Studien konnte die Effektivität dieser Operationstechnik bezüglich einer effektiven Schmerzreduzierung (>80% nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren), hohen Rate beruflicher Rehabilitation (um 70 Prozent) bei geringer Beeinträchtigung der endokrinen Funktion gezeigt werden (170-175). In allen relevanten Aspekten gleicht oder übertrifft die Duodenum-erhaltende Pankreaskopfresektion die radikaleren resezierenden Verfahren.

Eine Alternative zur Beger`schen Operation ist die sogenannte Frey`sche Operation, eine Modifikation  der eine Längseröffnung der Bauchspeicheldrüse (longitudinale Pancreatico-jejunostomie) mit einer Ausschälung Kopfes kombiniert wird. Bei dieser Technik wird das Prinzip der duodenumerhaltenden Pankreaskopfresektion mit einer Drainage des Ductus Wirsungianus kombiniert. Diese Operation ist technisch einfacher durchzuführen, da das Pankreas nicht mehr über der Pfortader untertunnelt werden muß und die Durchtrennung des Drüsenkörpers am Kopf-Corpusübergang entfällt.

Eine logische Weiterentwicklung der unterschiedlichen Duodenum-erhaltenden Verfahren stellt die sogenannte ‚Berner Variante‘ dar, bei der in Analogie zur Beger‘schen Operation der Bauchspeicheldrüsenkopf unter Erhalt des Zwölffingerdarmes subtil ausgeschält wird, dabei aber auf eine Durchtrennung des Drüsenkörpers über der Pfortader verzichtet wird.