Besonderer Umgang in der Kinderradiologie

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen

Dr. von Kalle betrachtet ein MRT-Bild von einem ihrer kleinen Patienten

Im Institut für Radiologie am Olgahospital laufen viele Fäden der klinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen zusammen. „Wir begleiten die Kinder oft durch ihre gesamte Krankengeschichte“, sagt Institutsleiterin Dr. Thekla von Kalle.

Ob Chirurgie, Orthopädie, Onkologie, Rheumatologie, Pulmonologie, Neonatologie oder Intensivstation – ohne die Erkenntnisse aus den Ultraschall- und Röntgenuntersuchungen oder der Magnetresonanztomographie (MRT) könnten die Ärzte dieser und anderer Fachdisziplinen ihre Patienten nicht so hervorragend behandeln. „Die Kinder und Jugendlichen in unserem Krankenhaus werden oft von vielen verschiedenen Fachleuten betreut, aber wir gehören zu denjenigen, die einen Patienten während seiner ganzen Krankengeschichte begleiten – von Anfang bis Ende und oft noch Jahre danach bei den Nachkontrollen“, sagt Dr. Thekla von Kalle, Ärztliche Direktorin des Radiologischen Instituts am Olgahospital.

Die Kinderradiologie unterscheidet sich wesentlich von der Radiologie bei Erwachsenen. „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie leiden an ganz anderen Erkrankungen und sie haben eine gänzlich andere Physiologie“, erklärt die Institutsleiterin, „man muss das kennen und wissen, was normal ist.“ Die große Erfahrung der Radiologen im Olgahospital führt dazu, dass vielen Kindern eine Untersuchung im MRT erspart bleibt. „Aufgrund unserer Expertise reicht uns oft ein Ultraschall für die richtige Diagnose, wo andere eine Kernspintomographie benötigen“, sagt Dr. von Kalle. „Wir erleben, dass Patienten zu uns kommen, bei denen trotz einer aufwendigen MRT-Untersuchung die Diagnose nicht gestellt wurde – wir klären dann das Problem häufig mit Ultraschall oder einer Röntgenaufnahme und finden dabei nicht selten etwas, was bei Kindern ganz normal ist.“

Außerdem zeichnet die Kinderradiologie eine starke Sensibilität im Umgang mit Kindern aus. „Kein Kind legt sich freiwillig in einen MRT oder lässt sich röntgen“, sagt die Ärztliche Direktorin. Minutenlanges Stillhalten ist schwierig oder undenkbar. Sogar Ultraschall empfinden viele Kinder oft als unangenehm oder kitzelig. Da braucht es Geduld, Geschick und kreative Ideen. „Die Kinder werden anders motiviert, sie kommen zu uns, weil sie hier ein interessantes Bild an der Decke oder einen Film anschauen können oder weil sie hinterher eine Tapferkeitsmedaille bekommen“, sagt Dr. von Kalle. Nur wenn das alles nicht erfolgversprechend ist, bekommen kleine Kinder eine Sedierung. An vier Tagen in der Woche arbeitet deshalb ein Anästhesist eigens am MRT. „Unser Ziel ist es aber trotzdem, mit so wenigen Sedierungen wie möglich auszukommen“, sagt die Institutsleiterin.

Aus: Klinikum live, Ausgabe 01|2013