Suchthilfe im starken Verbund

Interview mit Ute Reser

Interview mit Ute Reser, Fachbereichsleiterin Soziale Arbeit / Suchtmedizin im Klinikum Stuttgart

Ute Reser

 
Frau Reser, der Suchthilfeverbund Stuttgart, an dem das Klinikum Stuttgart mit seinem umfangreichen Suchthilfeangebot von Anfang an beteiligt ist, feiert in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Hat sich die Zusammenarbeit im Verbund aus Ihrer Sicht bewährt?

Der Beginn war vielleicht noch etwas holprig, inzwischen aber ist der Suchthilfeverbund ein Erfolg. Wir haben in den vergangenen zehn Jahren unsere Angebote für die Suchtmittelabhängigen, für deren Angehörige und zum Beispiel auch die Hilfen für Kinder aus Suchtfamilien deutlich ausgeweitet und differenziert. Jeder der beteiligten Träger hat ja ein etwas anderes Profil und konnte sich so mit seinen besonderen Stärken einbringen. Jeden Monat gibt es ein Trägertreffen, in dem Projekte besprochen, aber auch die Berichte und Anträge, mit denen die Fördermittel bei Stadt und Land beantragt werden, vorbereitet werden. Außerdem haben wir gemeinsam Standards erarbeitet, zum Beispiel für ein gemeinsames Dokumentationssystem oder für die Substitution. Es gibt spezielle Fachgruppen für Dokumentation, Prävention, Beratung und Rehabilitation sowie eine AG Kinderschutz. Heute gehören der Caritasverband, die Evangelische Gesellschaft, Release, Lagaya, Abas (Anlaufstelle für Essstörungen), die Tagesklinik der Allgemeinen Hospitalgesellschaft, die Wilde Bühne und das Klinikum Stuttgart zum Suchthilfeverbund.

Bei welchen Suchtmitteln liegen denn die Schwerpunkte in Stuttgart und in Ihrer Arbeit?

Die größte Gruppe, die wir betreuen, sind nach wie vor die Alkoholabhängigen. Hier gibt es auch die meisten Hilfeangebote. Medikamentenabhängigkeit hat aber inzwischen eine vergleichbare Dimension mit einer sehr hohen Dunkelziffer. Hier werden wir in Zukunft mehr tun müssen, um die Betroffenen besser zu erreichen. Es folgen die illegalen Drogen, wobei die Cannabis-Konsumenten hier die größte Gruppe ausmachen. Danach folgen Essstörungen und Spielsucht.

Welche Aufgaben übernimmt das Klinikum Stuttgart im Rahmen des Suchthilfeverbunds?

Unsere Schwerpunkte liegen vor allem in der Beratung und Behandlung von Alkohol-, Nikotin- und Medikamentenabhängigen. Aber auch Konsumenten illegaler Drogen finden bei uns Hilfe. Neben der Entgiftungsbehandlung bietet das Klinikum spezielle Stationen zur Motivationsbehandlungen sowie die ambulante und stationäre Rehabilitation. In der Türlenstraße bietet das Suchtmedizinische Behandlungszentrum ein breites Angebot und im Gemeindepsychiatrischen Zentrum Feuerbach versorgen wir Menschen mit einer Suchtproblematik aus Stuttgart-Nord.

Sie haben die Angebote und Hilfen für Kinder aus Suchtfamilien erwähnt. Was tun Sie da konkret?

Vor etwa zehn Jahren haben wir zum Beispiel im Verbund das Projekt „Pro Kids – Prävention und Hilfen für Kinder aus suchtbelasteten Familien und deren Eltern“ auf den Weg gebracht. Inzwischen wird das Projekt von der Stadt gefördert und bei der Caritas umgesetzt mit Gruppenarbeit für Kinder und Jugendliche, mit Jugendgruppen sowie Freizeit- und erlebnispädagogischen Angeboten. Insgesamt haben wir mit Schulungen unserer Mitarbeiter, mit engen Kontakten und Austausch mit dem Jugendamt das Thema in unserer täglichen Arbeit in den Fokus gerückt. Wenn wir den Eindruck haben, dass Kinder in Suchtfamilien nicht ausreichend versorgt werden oder gar gefährdet sind, schalten wir das Jugendamt ein. Da hat sich inzwischen eine gute Zusammenarbeit etabliert. Im Notfall muss dann eventuell auch ein Kind gegen den Willen der Eltern in die Obhut des Jugendamtes gegeben werden. Das passiert in unserem Bereich drei bis viermal im Jahr. Bei drogenabhängigen Eltern ist das Jugendamt meist schon seit der Geburt eingebunden.

Vor einiger Zeit haben wir über das Projekt „achTsam“ berichtet, bei dem Ihre Mitarbeiter chronisch suchtmittelabhängige Menschen aufsuchen, um Hilfe anzubieten. Was ist daraus geworden?

Das Projekt „achTsam“ läuft seit drei Jahren. Es hat etwas gedauert, bis es bei allen Hilfeeinrichtungen, Beratungsstellen und in der Bevölkerung bekannt war. Inzwischen aber ist das Programm etabliert und so werden uns immer mehr Menschen gemeldet, die von dieser Art der aufsuchenden Hilfe profitieren können. Zudem haben wir das Projekt auf einen weiteren Bezirk ausgeweitet.

Und was ist für die Zukunft geplant?

Wir werden die bestehenden Angebote für medikamentenabhängige Menschen ausweiten und neue, zusätzliche Angebote entwickeln, um diese oft heimliche Sucht zu bekämpfen. Außerdem bereitet die Fachgruppe Prävention eine Fortbildung vor, um Mitarbeiter und Helfer, die mit Geflüchteten arbeiten, für Suchtprobleme zu sensibilisieren.

Suchtberatung im Klinikum Stuttgart

Kontakt und Anmeldung

Sie finden die Suchtberatungsstelle im Behandlungszentrum Mitte, Türlenstraße 22, 70191 Stuttgart
Wir sind von Montag bis Freitag von 9.00 - 12.00 Uhr und 13.00 - 16.00 Uhr telefonisch unter 0711 278-29300 erreichbar.

E-Mail: suchtberatung@klinikum-stuttgart.de