Möglichkeiten der Aneurysma-Behandlung deutlich erweitert

Y-Prothesen und andere Stents

Verschiedene Stents
Detailansicht Stent

Je nachdem an welcher Stelle der Aorta das Aneurysma auftritt, stehen unterschiedliche Stents zur Verfügung. In einigen Fällen kann die Erweiterung der Hauptschlagader auch im Brustbereich auftreten. In neun von zehn Fällen bildet sich das Aneurysma aber im Bauchraum.

Oft bildet sich das Aneurysma es sehr weit unten, kurz vor der Verzweigung in die beiden Beinschlagadern lokalisiert. Für diese Aneurysmen stehen sogenannte Y-Prothesen zur Verfügung. Deren kurze Schenkel reichen dann bis in die Beinschlagadern hinein und stabilisieren so auch sicher die Abzweigung.

Ein gutes Stück oberhalb der Verzweigung in die Beinschlagadern zweigen die beiden Nierenarterien und die Eingeweideschlagader aus der großen Aorta ab. „Für die Behandlung des Bauchartenaneurysmas bildeten die Nierenarterien lange Zeit eine rote Linie, die wir nicht überschreiten konnten“, erläutert Professor Hupp. Hatte sich das Aneurysma im Bereich der Nierenarterien gebildet, konnte kein Stent zur Überbrückung eingesetzt werden, da dieser die abzweigenden Nierenarterien verschlossen hätte. Eine offen chirurgische Behandlung an dieser heiklen Stelle ist zudem äußerst risikoreich. Etwa zehn Prozent der Aneurysmen sind so problematisch.

Maßgefertigte Spezialprothesen

Seit 2012 sind die Chirurgen und Radiologen des Gefäßzentrums in der Lage, auch Bauchartenaneurysmen an diesen kritischen Stellen zu versorgen. Möglich machen das neuartige gefenstert-gebranchte Spezialprothesen, die allerdings aufwändig maßgefertigt werden müssen. Diese Prothesen verfügen über Aussparungen oder Fenster an den Stellen, an denen die Nierenarterien abgehen. „Diese neuartigen Stentprothesen haben die Möglichkeiten der Aneurysma-Behandlung nochmal deutlich erweitert“, berichtet Prof Hupp. Zunächst  aber muss der Abschnitt der Aorta mit den abgehenden Nieren- und Eingeweidearterien mit bildgebenden Verfahren dreidimensional dargestellt werden. Die entsprechenden Bilder liefert eine 3-D-rekonstruierbare Dünnschicht Computertomografie. Mit speziellen Messprogrammen können die Gefäße dann ausgemessen und die individuelle Spezialprothese geplant werden. Die manuelle Fertigung der Prothese dauert vier bis acht Wochen.

Wie eine herkömmliche Stentprothese wird zunächst der Hauptkörper der Spezialprothese mittels Katheter in den betroffenen Aortaabschnitt geführt. Hier wird er exakt so positioniert, dass die Fenster direkt vor den Abgängen der Nierenaterien liegen. Anschließend werden auch die Arterienabgänge mit kleinen Stents „ummantelt“ und so abgedichtet. 23 Patienten wurden seit Anfang 2012 im Gefäßzentrum des Klinikums Stuttgart mit den individuell angepassten Stents behandelt. Allerdings sind die Kosten für die Anfertigung der Spezialprothese und die Behandlung sehr hoch und bislang auch noch nicht kostendeckend durch das DRG-System abgebildet, nach dem die Krankenkassen die Behandlungskosten erstatten.

Aus: Klinikum live, Ausgabe 04|2013