Brustkrebs und seine Vorstufen

Nicht jeder Knoten ist Brustkrebs

Frauen sollten ihre Brust regelmäßig abtasten
Frauen sollten ihre Brust regelmäßig abtasten

Die wichtigste Brusterkrankung ist Brustkrebs und seine oft zunächst weit weniger gefährlichen Vorstufen. „Die niedergelassenen Ärzte und vor allem auch die Frauen selbst sind inzwischen sehr sensibel“, berichtet Dr. Jürgen Schuster. Beim Anzeichen einer Veränderung werden die Frauen deshalb oft mit einem Tastbefund in die Sprechstunde des Brustzentrums überwiesen, die der Oberarzt der Frauenklinik betreut.

Nach einer Ultraschalluntersuchung entnimmt er dann häufig in Lokalanästhesie eine Gewebeprobe, die in der Pathologie des Klinikums Stuttgart gleich untersucht wird. „Bereits am nächsten Tag liegt das Ergebnis vor, das wir danach auch zeitnah mit der Patientin besprechen.“ In vielen Fällen kann Dr. Schuster zunächst Entwarnung geben, weil es sich um eine gutartige Veränderung handelt. Dennoch empfiehlt er auch dann öfters eine Operation. „Es gibt bestimmte gutartige Veränderungen, die mit einem erhöhten Risiko einhergehen, dass an dieser Stelle Brustkrebs entsteht“, begründet Professor Karck die Empfehlung. Duktales Karzinom in situ, abgekürzt DCIS, heißt die Erkrankung etwas sperrig im Fachjargon, die als Krebsvorstufe gilt. In einer meist brusterhaltenden Operation wird das in situ Karzinom entfernt. „Mit einer anschließenden Strahlentherapie verhindern wir meist erfolgreich, dass sich neue Krebsvorstufen bilden.“

Immer wieder ergibt die Untersuchung jedoch auch einen invasiven Brustkrebsbefund. Bei rund 70.000 Frauen in Deutschland wird jedes Jahr Brustkrebs neu entdeckt. Seit 2009 werden alle gesetzlich versicherten Frauen zwischen 50 und 69 Jahren deshalb jährlich zur Mammografie eingeladen. Auch dank dieser Röntgenuntersuchung der Brust wird immer häufiger Brustkrebs schon in einem frühen Stadium aufgespürt. Behandelt werden die Frauen heute dann in aller Regel in einem speziellen Krebszentrum, wie dem zertifizierten Brustzentrum der Frauenklinik im Klinikum Stuttgart. Hier arbeiten alle medizinischen Fachdisziplinen, die mit der Brustkrebstherapie zu tun haben, eng zusammen – von den Frauenärzten und Onkologen über Strahlentherapeuten, Nuklearmediziner und Radiologen bis zu Humangenetikern, Pathologen und Psychologen. In regelmäßigen Konferenzen, den sogenannten Tumorboards, besprechen die Mediziner jeden einzelnen Krankheitsfall und erarbeiten gemeinsam eine Therapiestrategie. Dabei können die Experten auf eine ganze Reihe neuer Medikamente und Behandlungsmöglichkeiten zurückgreifen.

Schonende, brusterhaltende Operationsverfahren

All das hat dazu geführt, dass die Heilungschancen bei Brustkrebs deutlich gestiegen sind. „86 Prozent unserer Brustkrebspatientinnen gehen gesund nach Hause“, sagt Dr. Schuster. „Zudem sind die Operationen heute weniger radikal als früher.“ Wo früher der gesamte Brustmuskel und alle Lymphknoten mit entfernt wurden, kann heute meist deutlich schonender operiert werden. Zuvor wird geprüft, ob der erste Lymphknoten hinter dem Tumor frei von Krebszellen ist. Ist das der Fall, müssen keine weiteren Lymphknoten herausgenommen werden. Um sicherzustellen, dass der Tumor komplett entfernt wurde, schneidet der Operateur immer auch gesundes, umliegendes Gewebe mit heraus. „Dabei reicht heute ein Sicherheitsabstand von ein bis zwei Millimetern.“ Es wird also nur so viel Brustgewebe entfernt, wie unbedingt erforderlich ist. „Wenn der Tumor in Relation zum Volumen der Brust nicht zu groß ist, können wir brusterhaltend operieren.“ Voraussetzung für ein brusterhaltendes Vorgehen ist die Bereitschaft der Patientin, die Brust nachbestrahlen zu lassen, um die Gefahr einer erneuten Brustkrebserkrankung zu verringern. In Kooperation mit der Klinik für Radioonkologie wird im Brustzentrum des Klinikums Stuttgart das Tumorbett häufig noch während der Operation mit dem sogenannten Intrabeam-Verfahren bestrahlt. Mit dem vorweg genommenen gezielten Bestrahlungs-„Boost“ wird bereits ein wesentlicher Teil der Bestrahlung verabreicht.

In manchen Fällen macht es außerdem Sinn, den Tumor vor der Operation mit einer Chemotherapie zu verkleinern. So kann es beispielsweise gelingen, einen 30 Millimeter großen Tumor auf weniger als fünf Millimeter zu reduzieren. Die anschließende Operation kann dann schonender erfolgen, mit einem auch kosmetisch deutlich besseren Ergebnis. „Die Chemotherapie muss aber in jedem Fall medizinisch begründet sein“, stellt Dr. Schuster klar. „Aus kosmetischen Gründen wird keine Chemotherapie der Operation vorangestellt.“ Dennoch ist auch für den Brustchirurgen ein möglichst perfektes kosmetisches Ergebnis das Ziel. Mit sogenannten onkoplastischen Verfahren wird die Brust nach der Tumorentfernung wieder aufgebaut.

„Bei etwa acht Prozent der Patientinnen ist eine genetische Disposition Ursache für die Brustkrebserkrankung“, erläutert Professor Karck. Ein Gendefekt, der vererbt wird, führt dann oft dazu, dass die Frauen schon in relativ jungen Jahren an Krebs erkranken. Bei einer Häufung der Erkrankung in der Familie empfehlen die Ärzte des Brustzentrums deshalb eine Untersuchung im Institut für Klinische Genetik. Wird dabei der gefährliche Gendefekt festgestellt, sollte sich die betroffene Frau einmal jährlich im Magnetresonanztomografen (MRT) untersuchen lassen. Damit lassen sich auch sehr kleine Tumore in der Brust aufspüren. „Für manche Frauen ist die Unsicherheit aber zu groß und sie entscheiden sich zu einer vorsorglichen Operation, bei der das Drüsengewebe entfernt wird“, berichtet Dr. Schuster. Auch nach einer so radikalen Amputation wird die Brust in aller Regel wieder aufgebaut. Dabei verwenden die Chirurgen neben Brustimplantaten aus Silikon auch körpereigenes Gewebe. 

Bei sehr komplexen Brustrekonstruktionen kann Dr. Schuster auf das Spezialwissen seines Chirurgenkollegen Dr. Alexander Tripp zurückgreifen, der als Leitender Oberarzt der Klinik für Hand-, Plastische und Mikrochirurgie für den Bereich Ästhetische Chirurgie verantwortlich ist. Eine Zusammenarbeit, die ausgezeichnet funktioniert. „Jeder hat seine Stärken und so erreichen wir für die Patientinnen ein sehr gutes kosmetisches Ergebnis“, urteilt Dr. Schuster. „Eine so gute und enge Kooperation zwischen Frauenheilkunde und Ästhetischer Chirurgie gibt es nicht oft“, ergänzt Dr. Tripp.

Aus: Klinikum live, Ausgabe 01|2015

Brustexperten am Klinikum Stuttgart

Kontakt

Frauenklinik
Ärztlicher Direktor
Prof. Dr. Ulrich Karck
Telefon 0711 278-63101
u.karck@klinikum-stuttgart.de

Brustzentrum
Oberarzt Dr. Jürgen Schuster
j.schuster@klinikum-stuttgart.de


Klinik für Hand-, Plastische und Ästhetische Chirurgie
Ärztlicher Direktor
Prof. Dr. Nikolaus Wachter
Telefon 0711 278-33501
n.wachter@klinikum-stuttgart.de