Mikrotechnologie bei Augenerkrankungen

Wieder sehen können

Patient testet Sehchip
Ein Video zeigt die Wirkung des „Sehchips“: Einem blinden Patienten wird ein Apfel und eine Banane vorgelegt. Die gebogene Form erkennt er als Banane, die runde korrekt als Apfel. Auch seinen Namen in großen Buchstaben kann er entziffern.

Ein elektronischer Chip, in einer hochkomplexen Operation unter die Augennetzhaut eingesetzt, erlaubt es Blinden, Gegenstände wahrzunehmen und Buchstaben zu erkennen. Professor Dr. Florian Gekeler, der seit Juli 2013 die Augenklinik am Katharinenhospital leitet, ist einer der Pioniere dieser neuen Operationsmethode.

Professor Dr. Florian Gekeler  hat die Entwicklung der subretinalen Sehprothese, wie der Sehchip medizinisch heißt, seit mehr als  zwölf Jahren von den Anfängen im Labor durch viele Studien hindurch bis zur Erlangung der CE-Zertifizierung im Juli 2013 kontinuierlich begleitet. Mittlerweile hat die subretinale Prothese bei fast 40 Patienten ihre Wirksamkeit erwiesen und in vielen Fällen bei vorher vollständig erblindeten Patienten ein begrenztes Sehvermögen wiederherstellen können.

Neben der Technik, die in dem drei mal drei Millimeter kleinen Chip steckt, gilt auch die Implantation der subretinalen Prothese als einer der komplexesten Eingriffe der gesamten Augenchirurgie, der nur durch Kombination verschiedenster Verfahren ermöglicht werden konnte. „Die Erkenntnisse, die wir dabei gewonnen haben, sind die Basis für weitere Entwicklungen an der vordersten Front innovativer Ophthalmochirurgie und lassen sich auch im klinischen Alltag einsetzen“, erläutert Professor Gekeler.

Beginn der Erkrankung im Kindesalter

Eingesetzt werden kann der Sehchip bei Patienten, die unter Netzhautdegenerationen wie der Retinitis pigmentosa leiden. Weltweit stellen Netzhautdegenerationen eine der häufigsten Erblindungsursachen dar. Alleine in Deutschland geht man von etwa 30.000 Erkrankten aus. Die Patienten leiden zunächst meist an einer Nachtblindheit, die oft schon im Kindesalter auftritt. Später kommt ein sich einengendes Gesichtsfeld hinzu, das oft als „Flintenröhren“-Gesichtsfeld bezeichnet wird. Die zentrale Sehschärfe ist zwar anfangs oft noch recht gut erhalten, aber schon im Alter zwischen 20 und 30 Jahren erblinden sehr viele der Patienten teilweise und später gänzlich.

Ursache für diese schleichende Erblindung ist ein Untergang der Photorezeptoren, also der lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut, von denen Gesunde etwa 120 Millionen in jedem Auge haben. In der klassischen Form der Erkrankung gehen zunächst die Stäbchen unter, die Photorezeptoren degenerieren durch verschiedene, meist genetische Defekte. Dabei muss der Defekt nicht in den Photorezeptoren selbst liegen, sondern kann auch zum Beispiel seine Ursache in den Zellen des retinalen Pigmentepithels haben, die die Netzhautzellen mit Nährstoffen versorgen und Zellabfall abtransportieren. „Eine ursächliche Therapie steht derzeit für diese Erkrankungen nicht zur Verfügung, obwohl seit vielen Jahrzehnten intensiv daran geforscht wird“, berichtet Professor Gekeler.

Aus: Klinikum live, Ausgabe 03|2013